Wende, Wandel, Zeitenwende(n)
dienstags, 16 Uhr c.t.
Hörsaal XIV (Hauptgebäude)
Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 ist mittlerweile als seine Zeitenwende-Rede ins kollektive Gedächtnis eingestellt. Die Akzentuierung der Gegenwartsgeschichte unter der Metapher ‚Zeitenwende‘ bezog ihre Legitimation aus der sich verändernden Weltordnung, ausgelöst durch den territorialen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine (am 24. Februar 2022). Nach gut zwei Jahren Kriegsgeschehen ist der Begriff Zeitenwende auch zu einem Schlagwort geworden. ‚Zeitenwenden‘ werden in verschiedenen Kontexten diagnostiziert oder auch angemahnt. Dies soll weitreichenden Veränderungen Rechnung tragen und auch die Neuausrichtung von politischen u.a. Funktionssystemen befördern: Es geht um Zeitenwenden in der Wirtschaftspolitik, der Steuerpolitik, der Innenpolitik, der Sozialpolitik, in Wissenschaft und Kultur, in den Anforderungen von KI und natürlich immer wieder beim Thema Klimawandel und dessen Folgen.
Die interdisziplinäre Ringvorlesung möchte die Rede von der Zeitenwende und den Gebrauch ähnlicher Metaphern wie Wende oder Wandel in den Blick nehmen und die damit verbundenen Perspektiven auf Veränderungen in Geschichte, Gegenwart und Zukunft zur Diskussion stellen. Beteiligt sind Vortragende der Universität Bonn aus den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften und aus der Theologie.
Hier finden Sie den Flyer zu dieser Veranstaltungsreihe.
Organisatorische Hinweise
Die Ringvorlesung wendet sich (fachübergreifend) an BA-Studierende der Universität Bonn und die interessierte Öffentlichkeit (‚Studium Universale‘).
Eine Anmeldung zur RV ist nur für die Studierenden erforderlich, die 6 ECTS-Punkte im Rahmen des Optionalbereichs der Philosophischen Fakultät erwerben möchten. Voraussetzung hierfür ist die regelmäßige Teilnahme an der RV und ein Essay von ca. 8 bis 10 Seiten zu einem Thema eigener Wahl aus dem Spektrum der Ringvorlesung.
Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an: Hedwig Pompe aik@uni-bonn.de h.pompe@uni-bonn.de und Benedikt Ausborn ausborn@uni-bonn.de
Programm
Prof. Dr. Volker Kronenberg (Philosophische Fakultät: Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie)
Priv.-Doz. Dr. Hedwig Pompe (Philosophische Fakultät: Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft; Arbeitsstelle Internationales Kolleg)
Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister (Katholisch-Theologische Fakultät: Moraltheologisches Seminar)
Mitarbeiter*innen: Benedikt Ausborn (Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie); Hannah Grzonka, B.A. (Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie; Arbeitsstelle Internationales Kolleg)
Prof. Dr. Volker Kronenberg ist Professor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn sowie Sprecher des Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS). Er studierte Politische Wissenschaft, Staatsrecht sowie Soziologie in Bonn, wo er im Bereich der Zeitgeschichtsforschung promovierte und später habilitierte. Prof. Kronenberg verknüpft in zahlreichen Publikationen und Vorträgen zeithistorische, geistes- sowie parteiengeschichtliche Aspekte mit praktisch-aktueller Gegenwartsanalyse von Demokratie, Parlamentarismus und politischer Kultur.
Priv.-Doz. Dr. Hedwig Pompe ist Dozentin für Neuere deutsche Literatur und allgemeine Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn. Seit 2015 ist sie die Leiterin der ‚Arbeitsstelle Internationales Kolleg‘ an der Universität Bonn, u.a. mit den Aufgabenbereichen Kooperationen mit dem DAAD (Lektorenprogramm), interdisziplinäre Veranstaltungen an der Universität (Ringvorlesungen, DIES&DAS Forum wissenschaftlicher Nachwuchs auf dem Dies Academicus u.a.m.). Wissenschaftliche Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Deutsche Literatur und allg. Literaturwissenschaft; Zeitungsforschung; allg. Medienwissenschaft und -geschichte; Kulturgeschichte der Unterhaltung.
Prof. Dr. theol. Dr. rer. soc. Jochen Sautermeister, Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Studium der Katholischen Theologie, Psychologie und Psychologie in Tübingen und Jerusalem. Mehrjährige Tätigkeit in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung.
Hannah Grzonka (B.A.) ist seit Juni 2022 wissenschaftliche Hilfskraft an der Arbeitsstelle Internationales Kolleg (AIK). Sie beendete im September 2023 ihren Lehramtsbachelor in den Fächer Deutsch und Englisch und begann im Oktober 2023 den Masterstudiengang Applied Linguistics am Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie der Universität Bonn.
Benedikt Ausborn ist wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn bei Prof. Dr. Volker Kronenberg und Lehrbeauftragter an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Vor seinem Studium der Politikwissenschaft und Philosophie absolvierte er einen Bachelor in Management an der University of Warwick.
Die Einführung diskutiert den Begriff der ‚Zeitenwende‘, skizziert einige Aspekte der Herausforderungen, die mit diesem politischen Schlagwort einhergehen und stellt Konzept und Programm der Ringvorlesung vor.
Nimmt man den Ausdruck ‚Zeitenwende‘ in seiner Radikalität, so stellt sich u. a. die Frage, welches Projekt denn so ‚gewendet‘ wurde, dass damit andere, ja inverse ‚Zeiten‘ begonnen haben. Von Bundeskanzler Scholz aus der Perspektive einer liberal-demokratischen Gesellschaft geäußert, gilt es dann auch zu überlegen, was ‚Zeitenwende‘ eben für unsere oder andere demokratische Gesellschaften bedeuten könnte. Ein auffallender Zug ‚anderer Zeiten‘ ist die Beobachtung zunehmender Illiberalität auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Ein Effekt ist, dass Aushandlungsprozesse immer öfter durch substantielle Markierung und (in ihrem Gefolge) durch ‚Feindschaft‘ ersetzt werden. Dies berührt dann systematisch das, was man als das Projekt einer aus Aufklärung begründeten Moderne bezeichnen könnte: dass man nämlich auch von sich absehen können muss. Diese Zusammenhänge will der Vortrag genauer entfalten.
Jürgen Fohrmann ist Prof. em. für Neuere deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (1992-2021). 2009 bis 2015 war er der Rektor der Bonner Universität.
Arbeitsschwerpunkte: Literatur- und Medientheorie, Wissenschaftsgeschichte, Literatur- und Kulturgeschichte des 18. bis 21. Jahrhunderts. www.fohrmann.uni-bonn.de
Die Textgrundlagen für unsere Diskussion finden Sie auf E-Campus bei der RV eingestellt.
Der Vortrag untersucht die Konkurrenz von Demokratie und Autoritarismus als den beiden bestimmenden politischen Modellen unserer Tage. Er konzentriert sich auf zwei Zugangsweisen. Im ersten Teil werden die wichtigsten Bedrohungen und Belastungen moderner Demokratien identifiziert und die Formen diskutiert, in denen Demokratie mit den Grundstrukturen der funktional differenzierten Weltgesellschaft unserer Tage verknüpft ist. Es ist vermutlich diese Balance von Bedrohungen und gesellschaftsstrukturellen Vorteilen, die im Einzelfall über das Schicksal von Demokratien entscheidet. Im zweiten Teil werden in der Form kleiner Fallstudien Krisen demokratischer Systeme und Krisen autoritärer Systeme skizziert und auf die Frage hingeführt, unter welchen Umständen es zu einer Transition einer Demokratie in ein autoritäres System oder eines Autoritarismus in ein demokratisches System kommt. Lässt sich in diesen Hinsichten eine Zeitenwende erkennen?
Prof. Dr. Rudolf Stichweh ist Direktor der Abteilung für Demokratieforschung und Seniorprofessor für Soziologie an der Universität Bonn. Von 2012 bis 2020 war er als Dahrendorf Professor für ‚Theorie der modernen Gesellschaft’ Gründungsdirektor des ’Forum Internationale Wissenschaft’ der Universität Bonn. Neben früheren Gastprofessuren in Paris, Wien, Princeton, Chicago, ist er weiterhin ständiger Gastprofessor der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern. Außerdem ist er als Forscher Mitglied der ‚Lise Meitner Research Group‘ „China in the Global System of Science“ (Leitung Anna L. Ahlers) am MPI für Wissenschaftsgeschichte, Berlin. Er ist Mitglied der Leopoldina und der NRW Akad. der Wissenschaften und Künste. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Theorie der Weltgesellschaft, Demokratie und Autoritarismus, die Soziologie des Fremden, die historische Soziologie der Wissenschaft und der Universitäten, die Theorien soziokultureller Evolution, die Theorie asymmetrischer Abhängigkeiten und der Inklusion und Exklusion.
Prof. Dr. Rudolf Stichweh — Forum Internationale Wissenschaft (uni-bonn.de)
Entscheidungsträger und Kommentatoren erheben anstehende U.S.-amerikanische Präsidentschaftswahlen mit einer gewissen Regelmäßigkeit stets aufs Neue zu den ‚wichtigsten Wahlen in der Geschichte des Landes‘. Im Jahre 2024 scheint diese vollmundige Bezeichnung jedoch tatsächlich in besonderem Maße zuzutreffen: So könnten die beiden Kandidaten um das Weiße Haus hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihres Stils, und ihrer politischen Überzeugungen kaum unterschiedlicher sein. Auch steht für viele Beobachter nichts Geringeres als das Überleben der amerikanischen Demokratie selbst auf dem Spiel – und damit im weiteren Sinne auch die Zukunft der liberalen Weltordnung. So hat denn, zusammengenommen, die am 5. November stattfindende Wahl in der Tat das Potenzial, eine ‚amerikanische Zeitenwende‘ mit globaler Dimension einzuläuten.
Vor diesem Hintergrund – und unter Berücksichtigung der vorliegenden Ergebnisse – diskutiert der Vortrag Ausgang und Folgen der U.S.-amerikanischen Präsidentschafts- und Kongresswahlen der Vorwoche. In den Blick genommen werden dabei insbesondere die zu erwartenden Auswirkungen auf die Transatlantischen Beziehungen sowie die U.S.-amerikanische Außen- und Weltordnungspolitik.
Dr. Hendrik W. Ohnesorge ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn, hier am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen, und er ist Geschäftsführer des Center for Global Studies (CGS). Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich internationale Beziehungen, Macht und Machtverschiebungen, Soft Power und der Geschichte, Außenpolitik und Präsidentschaft der USA (insbesondere zu U.S.-amerikanischer Weltordnungspolitik & den deutsch-amerikanischen Beziehungen).
In seiner Habilitationsschrift untersucht Ohnesorge die Bedeutung von Soft Power in den deutsch-amerikanischen Beziehungen, mit einem besonderen Fokus auf die Rolle von persönlicher Diplomatie und charismatischer Führung. Er ist außerdem Vorsitzender der Auswahlkommission des Susan Strange Young Scholar Awards, im Rahmen des Projekts „EmPOWER! Politics, Policy, and Personality“ zur Gleichstellung der Geschlechter in der IB-Forschung.
Das wuchtige Schlagwort der „Zeitenwende“, das seit seiner Verwendung durch Bundeskanzler Scholz im Bundestag als Begründung für alle möglichen politischen Forderungen und Entscheidungen instrumentalisiert wird, bedarf einer gründlichen Reflexion. Dieser Vortrag liefert einen Beitrag zur Frage, ob es sich wirklich um eine historische Zäsur handelt oder eine rhetorische Figur, die es als Diskurs ermöglicht, vordergründig auf geopolitischen Wandel zu reagieren, aber an den bestehenden Kontinuitäten tatsächlich kaum etwas zu verändern. Zwei Aspekte der „Zeitenwende“ werden in diesem Sinne unter die Lupe genommen: 1) Die zentralen Zeitenwende-Narrative werden perspektiviert, um eurozentrische Fokussierung und Verzerrungen in Frage zu stellen und die deutsche Debatte in einen weltpolitischen Zusammenhang besonders aus der Sicht des globalen Südens zu stellen. 2) Die Lücke zwischen der Wahrnehmung grundlegender sicherheitspolitischer Veränderungen einerseits und dem Maßstab der Konzeptualisierung und Finanzierung von Deutschlands strategischer Neuausrichtung andererseits wird vermessen. Die Analyse dieser beiden Aspekte soll nicht nur dazu dienen, die zeitdiagnostische Überzeugungskraft des Leitmotivs Zeitenwende zu hinterfragen, sondern auch die Intention und Konsequenzen der Zeitenwendepolitik kritisch zu beleuchten.
Dr. Maximilian Mayer ist Junior-Professor für Internationale Beziehungen und globale Technologiepolitik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Zuvor arbeitete er an der University of Nottingham Ningbo China, der Technischen Universität München, der Tongji University in Shanghai und am Center for Global Studies der Universität Bonn. Seine Forschungsinteressen umfassen u.a. Infrastrukturen und Technologie in der internationalen Politik sowie Chinas Technologie-, Außen- und Energiepolitik. Neben zahlreichen Fachartikeln ist er Mitherausgeber von The Global Politics of Science and Technology, Art and Sovereignty in Global Politics, Rethinking the Silk-Road: Chinas Belt and Road Initiative and Emerging Eurasian Relations und des Routledge Handbook on Global China. Maximilian Mayer leitet die Nachwuchsforschungsgruppe „Infrastructures of China’s Modernity and Their Global Constitutive Effects”, die durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird.
Hat Russland in Europa eine Zukunft?
Hat Russland endgültig Abschied von Europa genommen und Europa von Russland? Der Krieg hat die frühere Kombination aus Rivalität und Kooperation in eine fundamentale Gegnerschaft verwandelt. Das definierende Andere Russlands ist der „kollektive Westen“, während Russland auch für die EU und die NATO zum definierenden Anderen geworden ist. Russland sieht sich als eurasische Macht in einem Kampf der Kulturen mit dem Westen. Doch die Spaltungen gehen auch mitten durch Russland und durch den Westen hindurch. Es gibt hüben wie drüben Anhänger des Nationalismus, des Protektionismus und illiberaler Werte – und Anhänger der liberalen Demokratie. Welche Faktoren beeinflussen, ob es zumindest einen modus vivendi zwischen Russland und der EU künftig geben kann?
Prof. Dr. Andreas Heinemann-Grüder ist Senior Fellow am Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) sowie Professor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn. Er promovierte 1989 an der FU Berlin nach einem Forschungsstudium an der Moskauer Lomonossov-Universität (1987/88) und habilitierte 1999 an der Humboldt-Universität Berlin. Heinemann-Grüder lehrte an der FU Berlin (1990-92), an der Humboldt-Universität Berlin (1993-96 und 2000-2002), an der Duke University (1995) und der University of Pennsylvania (1996-1999). Von Ende 1999-2010 und erneut seit 2015 war und ist er Senior Researcher am Bonn International Centre for Conflict Studies. In den Jahren 2007 bis 2010 war er Mitherausgeber des jährlichen Friedensgutachtens und von 2010 bis 2012 Leiter der Akademie für Konflikttransformation Bonn/Köln, anschließend (2013 bis 2014) war er am Georg-Eckert-Institut (Leibniz-Institut) in Braunschweig tätig.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Friedens- und Konfliktforschung, auf autoritären politischen Regimen und in der vergleichenden Föderalismusforschung.
Historisch-politische Zäsuren der deutschen Geschichte nach ‘45 (Sitzung mit Studierenden)
Die Textgrundlagen für unsere Diskussion finden Sie auf E-Campus bei der RV eingestellt.
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die sicherheitspolitische Lage in Europa so verändert, dass sie nicht nur für das strategische Handeln Konsequenzen haben muss. Auch die theologische Friedensethik ist herausgefordert. Die Notwendigkeit einer sicherheitspolitisch informierten Verantwortungsethik wirft drängend Fragen auf und stellt bestimmte friedensethische Argumentationen und Paradigmen in ein neues Licht bzw. gibt ihnen eine neue Dringlichkeit. Der Vortrag geht der Frage nach, inwiefern man vor diesem Hintergrund auch von einer Zeitenwende in der theologischen Friedensethik sprechen kann, vielleicht sogar muss.
Zeitenwende(n) – Molekularbiologie, Physik und Theologie im Gespräch
Wie stellt sich die Welt, deren Anfang und Ende gemäß der aktuellen Erkenntnisse aus der Physik dar? Wie lässt sich vor diesem Hintergrund der Mensch aus evolutionsbiologischer Sicht verstehen? Im Gespräch zwischen Molekularbiologie und Physik, mit theologischen Seitenblicken, soll das Thema der Ringvorlesung naturwissenschaftlich beleuchtet werden.
Prof. Dr. Walter Witke ist Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät und Professor des Instituts für Genetik an der Universität Bonn und ist im Lenkungsausschuss/Steering Committee des Transdisziplinären Forschungsbereichs „TRA 3 – Life and Health“. In der Vergangenheit unterrichtete er unter anderem am Brigham&Women’s Hospital der Harvard Medical School in Boston (1991-1996) und forschte am European Molecular Biology Labaratory (EMBL) Mouse Biology Unit in Monterotondo, Italien. Derzeit leitet er am Institut für Genetik ein Forschungsprojekt zu Zellmigration und Zellmotilität.
Dr. Jennifer Schober war wissenschaftliche Mitarbeiterin im Laboratoire d’astrophysique (LASTRO) an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) in Ecublens, Schweiz. Sie schrieb ihre Doktorarbeit „On the role of the turbulent dynamo in the evolution of cosmic magnetic fields” am Institut für Theoretische Astrophysik an der Universität Heidelberg und war im Anschluss tätig Nordita (Nordic Institute for Theoretical Physics) in Stockholm. Seit 2024 ist sie Mitarbeiterin am Institut für Genetik. Teil ihrer Forschungsinteressen sind unter anderem kosmische Magnetfelder, Magnetohydrodynamik und Sternentstehung.
Wendehälse, Kriegstreiber, Zuschauer hinter den Gardinen ... – Rhetorisch-literarische Verfahren der Konstruktion und Bearbeitung von Wende(n) und Zeitenwende(n)
Im Rückblick auf die ‚Wende‘ 1989/90 und die laufende Rede von der ‚Zeitenwende‘ wird deutlich, dass vor allem in der Literatur Fragen von Agency, von Handeln und Unterlassen, von Macht und Ohnmacht, von Tun und Leiden, von Beteiligung und Beobachtung verhandelt werden: Wer eine Wende ausruft, wer sie macht, wer von ihr profitiert oder unter ihr leidet und wer sie beobachtet, das sind umstrittene Fragen, und die Antworten darauf bilden in ihrer Divergenz bis heute Triggerpunkte für (kultur)politische Debatten und Festlegungen. Wenn etwa Vertreter:innen neurechter Positionen ihren Anspruch auf das Erbe von 1989 formulieren, dann zeigen sich die eminent politischen Aufladungen, die mit der Rhetorik von Wende, Wandel und Zeitenwende(n) einhergehen.
Kerstin Stüssel ist seit 2010 Professorin für Neuere Deutsche Literatur am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft (IGLK) der Universität Bonn und stellvertretende Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs 2291 "Gegenwart/Literatur. Geschichte, Theorie und Praxeologie eines Verhältnisses". Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Gegenwartsliteratur, Literatur und Verwaltung, Literarische Anthropologie, Autobiographisches Schreiben, Autorschaft und Autobiographik und Gender Studies. Stüssel ist Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „TRA 4 – Individuen, Institutionen und Gesellschaften“ an der Universität Bonn.
Eine Zeitenwende fordert das Überdenken und ein neues gesellschaftliches Aushandeln gewohnter und eingeübter Orientierungen heraus – Orientierungen für das individuelle Leben und für die soziale Praxis. Kann die Ethik als philosophische Disziplin zu diesem Überdenken und Aushandeln etwas beitragen? Welche Voraussetzungen muss sie dazu erfüllen? Welche Antworten kann Ethik unter den Bedingungen gesellschaftlicher Pluralität in einer freiheitlich organisierten Gesellschaft geben? Ist die Ethik selbst einer Zeitenwende unterworfen? Angesichts der vielfältigen Krisen unserer Zeit geht es in diesem Vortrag um einen möglichen Beitrag der Lebensethik zu einem gelingenden Umgang mit Zeitenwende(n).
Christiane Woopen ist Hertz-Professorin für Life Ethics an der Universität Bonn und Gründungsdirektorin des Center for Life Ethics mit dem Haus für junges Denken.
Das Center widmet sich der Analyse und Gestaltung der Technologisierung, Ökonomisierung, Ökologisierung und Globalisierung des individuellen und gesellschaftlichen Lebens sowie den mit ihnen verbundenen Transformationsprozessen.
Zudem engagiert sich Woopen im Bereich der Politikberatung, u.a. als Vorsitzende des Deutschen Ethikrates (2012-2016) und des Europäischen Ethikrates (2017-2021), als Präsidentin des Global Summit der Nationalen Ethikräte (2014-2016), 2018-2019 als Co-Sprecherin der Datenethikkommission der Bundesregierung und bis 2017 als Mitglied des Internationalen Bioethikausschusses der UNESCO.
Woopen ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und Mitglied mehrerer Akademien der Wissenschaften.
Markus Gabriel ist Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit und Gegenwart am Institut für Philosophie der Universität Bonn. Er ist Direktor des Center for Science and Thought (CST) und Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie in NRW. Seit 2022 ist er Academic Director am The New Institute in Hamburg. Gabriels systematische Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der theoretischen Philosophie (v.a. Erkenntnistheorie, Metaphysik/Ontologie, Philosophie des Geistes), in der Religionsphilosophie und Ästhetik; historisch forscht er zur antiken Philosophie, zu Kant und dem Deutschen Idealismus (Fichte, Schelling, Hegel) und zur Philosophie des 20. Jahrhunderts (Heidegger, Wittgenstein, analytische und postanalytische Philosophie).