Ankommen, Zurückkommen oder modernes Nomadentum

Nach den beiden Ringvorlesungen zu den Themen Flucht, Migration, Integration (SoSe 2016) und News, Fakes & Co. Demokratien und öffentliche Nachrichtenkulturen (SoSe 2018) soll im WiSe 2019/20 der gedankliche Faden fortgesponnen werden, im Kontext einer weiteren Reihe interdisziplinärer und internationaler Vorträge zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Im Kern geht es darum, angesichts der Flüchtlingsherausforderung von 2015 Bilanz zu ziehen und eine Bestimmung des status quo zu versuchen. Debatten wie diejenige zum "Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" und aktuelle Gesetzvorhaben zeigen, wie relevant und umstritten die Themen Flucht, Migration und Integration weiterhin sind. In der Ringvorlesung sollen einige der dicht verwobenen Texturen von Migration etwas aufgelöst werden, und ihnen soll im Rahmen von theoretischen und praktischen Szenarien kritisch nachgegangen werden. Wir möchten versuchen, globale Perspektiven und mikrologische Dimensionen, politische Allgemeinheit und individuelle Erfahrungen, z.B. von Migranten, in einen produktiven Austausch zu bringen, durch Einzelvorträge und Diskussionen.
Die Ringvorlesung wendet sich (fachübergreifend) an BA-Studenten und -Studentinnen der Universität Bonn; zugleich wird die Vorlesung im 'Studium Universale' für die interessierte Öffentlichkeit angeboten.

Hier finden Sie Plakat und Flyer zu dieser Veranstaltungsreihe.

Fotos zur Vortragsreihe.

Programm

Kein Abstract vorhanden.

Der Vortrag ist dem Zusammenspiel von bindenden Verpflichtungen und „weichen“ Standards im internationalen, europäischen und deutschen Recht gewidmet. Im Vordergrund stehen dabei grund- und menschenrechtliche Aspekte, auch bei der Rettung aus Seenot und anschließender Aufnahme. So entsteht ein komplexes Bild im Lichte von humanitären Verpflichtungen, europäischer Solidarität und nationalen Eigeninteressen.

Es gibt kaum ein politisches Schlagwort unserer Zeit, das so häufig verwendet und dabei inhaltlich so unklar definiert ist wie Populismus. So unterschiedliche politische Akteure wie Horst Seehofer, Alexander Gauland, Gerhard Schröder oder Heribert Prantl haben den Populismusbegriff affirmativ besetzt; gleichzeitig wird er ebenso auf dezidiert extremistische Parteien wie den französischen Front National der 1970er und 1980er Jahre angewendet. Allein schon diese kursorischen Verweise zeigen die Bandbreite an Anwendungsbeispielen und die Unschärfe, die mit dem Begriff einhergeht.
Im Rahmen des Vortrags soll der Populismusbegriff im Spiegel der einschlägigen Forschungsliteratur geschärft werden. Darüber hinaus wird ein Überblick über populistische Tendenzen in der aktuellen Politik angestrebt. Dies erfolgt auf drei Ebenen: In Bezug auf die Bundesrepublik wird insbesondere die Entwicklung der AfD im Mittelpunkt der Betrachtung stehen; sodann soll ein Überblick über die „populistische Landkarte“ Europas gegeben werden; schließlich soll auch zumindest kursorisch auf die weltweite Bedeutung des Phänomens Populismus eingegangen werden.

During 2015-16, amidst economic and political turmoil, Greece was found at the epicentre of a “refugee crisis”. The lecture will focus on the emergency response of accommodating migrants in camps in relation to three intersecting dimensions:

  • the everyday livelihoods and experiences in/of/off camps
  • the “productive” functions and economic geographies of camps
  • the role of civil society in, outside, beyond and against the camps

Through the lens of the camp, the lecture will approach the politics and spatialities of migration management in Greece, situating the Greek case in time and space, as well as within the shifting European migration regime.

Am 3.Oktober 2013 ertrinken 366 Flüchtlinge wenige Meter vor der Küste der europäischen Union. Ein Aufschrei geht durch Medien und Politik. Doch bis heute wiederholt sich die Tragödie fast täglich.
Noch im Dezember 2013 macht sich Fabian Eder auf den Weg an die Südgrenze der EU und dreht einen filmischen Essay über die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Sechs Jahre später ist der Film genauso gültig wie damals. – Wie ist das möglich?
Der Filmemacher, der sich seit 2012 mit der Flüchtlings- und Migrationsfrage beschäftigt, bereist regelmäßig die südeuropäischen Länder, zeichnet eine Perspektive aus der so emotional diskutierten Krise aus der Sicht eines überzeugten Europäers und findet, dass Angela Merkel mit ihrem berühmten Satz „Wir schaffen das“ recht hat.

Abschiebungen sind ein Politikum, weil sie im Einwanderungsland Deutschland ein Symbol des Tauziehens um das Recht auf Migration darstellen. Auf der einen Seite setzen Behörden Aufenthaltsgesetze durch, indem sie im Zweifel auch mit Gewalt Menschen aus Deutschland fortschaffen. Auf der anderen Seite versuchen Betroffene und Menschen, die sich mit ihnen solidarisieren, dies zu verhindern. Zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Abschiebungen als Merkmal des demokratischen Rechtsstaats steht im Zentrum des Vortrags.

This lecture provides a multidisciplinary and comparative perspective to a contemporary issue by connecting three major topics related to human displacement (conflict, refugees, and integration). Overall objective of the lecture is to provide an in-depth understanding of how conflict and human displacement connected to each other as well as why and how integration becomes a significant social and political issue for many countries in the contemporary era. Starting from the international level analysis, this lecture will cover issues of human displacement, migration, and forced displacement at a societal and individual level and examine integration challenges using these levels of analysis: The international system of refugee protection, why states approach displacement and refugees differently, main stages of refugee displacement process, vulnerability of refugees during displacement, and key debates in the integration studies both at the social and individual level.

Afrika wird aus europäischer Sicht häufig reduziert auf die Themen Migration, Bevölkerungswachstum und Armut. Diese Sichtweise wird geprägt durch alte Vorurteile und neue Ängste, aber nicht durch Partnerschaft auf Augenhöhe. Um zu verstehen, wie die Menschen in Afrika ihre Gegenwart wahrnehmen und ihre Zukunft erträumen, ist ein Perspektivenwechsel erforderlich. Der Vortrag stellt einen neuen Sonderforschungsbereich vor, der unter dem Titel „Future Rural Africa“ untersucht, wie afrikanische Gesellschaften ihre Zukunft gestalten, in welcher Weise sie dabei nach eigenen Wegen suchen, und wie hier eine „Politik der Erwartung“ zum Tragen kommt.

International and regional human rights bodies and courts have increasingly relied on the concept of vulnerability, in order to ascertain human rights violations alleged by migrants, including people claiming asylum. Considering the positive consequences of this evolution, some scholars have looked at vulnerability as a ‘revolutionary’ tool in the hands of human rights mechanisms to face the new challenges deriving from States’ management of migration flows, which may jeopardise the enjoyment of human rights of people involved.
The lecture aims at analysing whether or not the concept of vulnerability actually has the effect of magnifying the duty of protection of States vis-a-vis migrants and/or people claiming asylum. It is worth questioning: If critically examined, what does the use of vulnerability really mean for these specific groups of people in the long term and, more broadly, for international and European human rights law when migrants and/or people claiming asylum are involved?

Von Beginn der sogenannten „Gastarbeiter“-Zuwanderung bis zur sogenannten „Asylkrise“ haben sich die Beziehungen zwischen Autochthonen und Zugewanderten grundlegend geändert. Dieser Wandel vollzog sich im Medium alltäglicher und auch außeralltäglicher Interaktionen (Ausweich- und Konfliktinteraktionen, kategorisierende und stigmatisierende Diskurse etc.). Der Vortrag befasst sich mit den Sequenzen dieses Figurationswandels und beschreibt die aktuelle Situation der Einwanderungsgesellschaft als Scheideweg zwischen Kulturkonflikt und Integration durch Konflikt.

Refugees are understood in academic debates as a sub-category of migrants, and ‘forced migration’ is seen as a – difficult to distinguish – part of migration. This trend is guided by policy concerns related to identifying who is a refugee or not; who has the right to receive protection and who does not. However, movement is not what defines refugee life histories most; experiencing human rights violation and inhuman and degrading treatment often shapes human lives to a much greater extent. In this lecture, I will discuss the importance of re-politicizing forced migration, acknowledging that the reasons for flight are highly political, refugees are conscious political subjects, and refugee flows have always been a matter of high politics.

Literatur, die sich mit Migrationserfahrungen beschäftigt, mag den ›abweichenden‹ Leib des Migranten als Versprechen oder als Bedrohung gesellschaftlicher Organisation imaginieren. Mein Augenmerk richtet sich dabei auf Repräsentationen des Vampirischenoder Untoten: Im Dialog mit dem wohl prominentesten Gattungsvertreter, Stokers Dracula, entstehen in der europäischen Peripherie Texte, die etwa nach Griechenland zurückkehrende Auswanderer als infektiöse, wandelnde Tote inszenieren. Das zeigt exemplarisch, wie sich Ansteckung und Migration denselben fiktionalen Körper teilen und wie solche Bilder von Krankheit/Fremdheit die Diskurse und Rhetoriken zur Migrationspolitik bis in die Gegenwart anleiten.

Dr. Manuel Becker (Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn)
Prof. Dr. Volker Kronenberg (Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn)
PD Dr. Hedwig Pompe (Arbeitsstelle Internationales Kolleg)
Dr. Markus Rudolf (Bonn International Center for Conversion/BICC)

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